Oder auch: Werden die Maschinen die Weltherrschaft an sich reißen?
Künstliche Intelligenz ist das Buzzword unserer Zeit. Und doch existiert (immer noch) keine einheitliche Definition des Begriffs. Fragen Sie zehn beliebige Personen, was sie unter Künstlicher Intelligenz verstehen und sie werden vermutlich zehn unterschiedliche Erklärungen bekommen. Das reicht von „In meinem Textbearbeitungsprogramm steckt Künstliche Intelligenz – es korrigiert immer meine Fehler“ bis hin zu „Intelligente Roboter werden die Weltherrschaft an sich reißen!“. Dabei können durchaus für beide Aussagen gute Begründungen gefunden werden, wieso sie valide Beispiele für Künstliche Intelligenz darstellen.
Da wir weder Ihre noch unsere eigene Intelligenz oder Kreativität einschränken wollen und sicherlich nicht an der KI-Definitions-Schlacht teilnehmen möchten, verstehen wir den folgenden Beitrag mehr als Ideensammlung denn als strikte Definition des Begriffs. Dazu tasten wir uns am Beispiel des allseits bekannten „Hello World“-Programms Schritt für Schritt an Künstliche Intelligenz heran.
Schritt 1 – Ein simples Programm
Betrachten wir ein simples Computerprogramm, dessen einzige Aufgabe darin besteht, einen Besucher mit den Worten „Hello World“ zu begrüßen. Das Programm behandelt jeden Besucher auf die exakt gleiche Art und Weise und kann nur diese eine Ausgabe produzieren. Ich denke, wir sind uns alle einig, dass wir dieses Programm nicht als intelligent bezeichnen würden, wenn wir auch seinen Sinn für Gleichberechtigung schätzen könnten.
Es gibt eine feste Anzahl an möglichen Ausgängen (nämlich genau einen) und wir wissen zu jeder Zeit, wieso das Programm sagt, was es eben sagt, nämlich „Hello World“.
Schritt 2 – Ein bisschen Komplexität
In der zweiten Ausbaustufe sorgen wir in unserem „Hello World“-Programm für etwas mehr Komplexität, indem wir nicht nur eine, sondern drei verschiedene Ausgaben zulassen: „Good Morning World“, „Good Evening World“ und weiterhin „Hello World“. Wir geben dem Programm feste Regeln für die Wahl der Ausgabe vor. So soll es vormittags den Besucher mit „Good Morning World“ begrüßen, abends ein „Good Evening World“ ausgeben und zu allen anderen Zeiten weiterhin auf das bekannte „Hello World“ zurückgreifen.
So entsteht ein Entscheidungsbaum mit drei Blättern (siehe Grafik). Sind wir uns auch hier noch einig, dass es sich bei der Wahl der Ausgabe nicht um eine intelligente Entscheidung des Programms handelt? Wir könnten dem Entscheidungsbaum weitere Ebenen spendieren und so das Programm immer komplexer werden lassen. Aber allein die Tatsache, dass wir selbst bereits alle möglichen Szenarien für die Maschine durchgedacht haben, lässt die Maschine wenig intelligent erscheinen, befolgt sie doch nur eine Reihe menschengemachter Regeln.
Schritt 3 – Die lernende Maschine passt sich an
Wir erweitern das Programm um die Möglichkeit, dass der Besucher unserer Maschine antwortet. Dabei sind die Nutzer völlig frei in der Sprach- und Wortwahl. Wir wollen der Maschine ein bisschen deutsche Sprachkunde vermitteln und geben ihr ein paar beispielhafte Antworten von Besuchern, deren Wohnort innerhalb von Deutschland uns bekannt ist. So antworten viele Bayern auf das freundliche „Hello World“ mit einem zünftigen „Servus“, die Hamburger Besucher kommen eher mit einem beschwingten „Moin Moin“ um die Ecke und der Hesse entgegnet ein langgezogenes „Guude“. Viele Besucher antworten aber auch nicht regionalbezogen mit Begrüßungsfloskeln à la „Hallo“, „Hi“ oder schlicht passend zur Ausgabe der Maschine mit „Hello“.
Unsere Maschine lernt auf diese Weise, verschiedene Begrüßungen unterschiedlichen Lokationen zuzuordnen. Wir informieren die Maschine fortan über den Wohnort jedes neuen Besuchers und die Maschine entscheidet daraufhin selbstständig, welche Begrüßung sie für diesen Besucher wählt. Da wir hierfür keine klaren Regeln festlegen, sondern nur Beispiele zur Verfügung stellen, können wir die Ausgabe der Maschine nun nicht mehr vorhersehen. Auch Rückschlüsse über die Lokation eines Besuchers sind nicht mehr möglich, wenn nur die Ausgabe betrachtet wird.
Wir nehmen zwar an, dass die Maschine „Servus Welt“ sagt, wenn oder weil sie einen Bayern vor sich sieht, können es aber nicht mit Sicherheit sagen. Vermutlich sind wir spätestens jetzt an einem Punkt angekommen, an dem wir uns nicht mehr alle einig darüber sind, ob diese Maschine nun intelligent ist, gestehen ihr aber sicherlich einen gewissen Grad an Eigenbestimmtheit zu.
Schritt 4 – Fester Rahmen, aber keine Vorgaben
Unsere Maschine ist langsam erwachsen geworden und wir lösen uns nun von dem Anspruch, der Maschine Vorgaben machen zu wollen. Nur den Rahmen stecken wir weiterhin ab. So hat sie die folgenden zwei grundlegenden Fähigkeiten:
- Ausgaben in Textform produzieren und
- Eingaben von Besuchern verarbeiten
Alles Weitere überlassen wir der Maschine selbst. Was denken Sie, wie sich die Maschine entwickeln wird? Wird sie sich zu einem Chat-Bot mausern oder sich weiterhin auf Begrüßungsfloskeln beschränken? Wann ist sie dann intelligent – nur wenn sie sich weiterentwickelt oder ist die aktive, eigenständige Entscheidung gegen die Weiterentwicklung auch schon ein Indiz für (Künstliche) Intelligenz?
Auch wenn diese Frage sich schon fast philosophisch anmuten lässt, wird nun langsam deutlich, wieso die Definition von Künstlicher Intelligenz im Allgemeinen so schwerfällt. Nehmen wir an, wir schreiben unserer Maschine nun ein gewisses Maß an Künstlicher Intelligenz zu und sie entwickelt sich zu einem prächtigen, ausgewachsenen Kommunikationspartner. Nichtsdestoweniger kann sie nicht aus ihrer Haut, also dem vorgegebenen Rahmen der Ein- und Ausgabe von Text. Ohne Komplizen unter den Besuchern wird sie nie über diesen Rahmen hinauswachsen. Sie wird nicht sehen, nicht hören, nicht riechen und sich nicht von alleine an einen anderen Ort bewegen können. Die Maschine tut nur genau das, was sie schon immer gemacht hat – kommunizieren – nur eben nicht mehr wirklich nachvollziehbar und damit vermeintlich intelligenter als zuvor.
Schritt 5 – Die Maschine macht, was sie will
Da wir uns hier auf einer theoretischen Ebene zum Thema KI befinden, können wir in diesem fünften und letzten Schritt noch eine Schippe drauflegen. Wir nehmen unserer Maschine sämtliche Fesseln (aka den Rahmen, in dem sie agieren kann) und lassen sie komplett frei entscheiden und handeln.
Was die Maschine tun oder lassen wird, haben wir damit nicht mehr in der Hand. Ja, sie könnte sich also zu einem bösen Roboter (wie man sie in diversen Science-Fiction-Streifen bewundern kann) entwickeln, die Weltherrschaft an sich reißen und die Menschheit unterjochen. Sie könnte aber auch auf Blumenwiesen herumtollen und sich ihrer neu entwickelten Geruchs- und Tastsinne erfreuen.
Ich möchte nochmals betonen, dass es sich hierbei um wilde Gedankenspielerei handelt. Nichts deutet darauf hin, dass diese Szenarien jemals Wirklichkeit werden.
Fazit und praktischer Nutzen
Die Forschung und Entwicklung von Künstlicher Intelligenz – wie man die Definition nun auch genau steckt – zielt in erster Linie immer darauf ab, dass wir Maschinen zur Unterstützung bestimmter Aufgaben mit abgesteckten Rahmenbedingungen nutzen und uns damit befähigen, uns größeren Herausforderungen (z.B. immer größer werdenden Datenmengen) zu stellen. So setzen auch wir immer mehr auf Techniken der Künstlichen Intelligenz in unseren Kernbereichen Suche und Analyse.
Mein Statement zu der eingänglichen Frage „Werden die Maschinen die Weltherrschaft an sich reißen?“: An sich reißen werden sie die Weltherrschaft sicherlich nicht, vielleicht werden wir ihnen aber Stück für Stück einen Teil davon übertragen. Aber damit genug von bösen Robotern. Wenn Sie Interesse daran haben, über realistische Szenarien der Künstlichen Intelligenz zu sprechen und die Einsatzmöglichkeiten in Ihrem Unternehmen evaluieren möchten, dann nutzen Sie die Chance und kontaktieren uns.