Barrierefreiheit - Accessibility-Tools im Vergleich

Barrierefreiheit im Browser testen: Ein Vergleich von Accessibility-Tools

Barrierefreiheit gewinnt in der Webentwicklung weiter an Bedeutung – nicht zuletzt durch gesetzliche Vorgaben wie das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das im Juni dieses Jahrs in Kraft tritt.

Accessibility-Tools analysieren Webseiten auf potenzielle Barrieren, die die Nutzung der Seite für Menschen mit Behinderung erschweren. Dafür nutzen die Tools regelbasierte Prüfmechanismen, die den DOM der Webseite und gezielt nach Verstößen gegen WCAG-Kriterien überprüfen – beispielsweise fehlende Alternativtexte, unzureichende Farbkontraste oder unklare Aria-Attribute.

Für identifizierte Probleme bieten sie weiter Vorschläge und Lösungsmöglichkeiten und verlinken dabei häufig auf eine passende Dokumentation oder Anleitungen. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf vier gängigere, im Browser verfügbare Accessibility-Tools: Google Lighthouse, Firefox Accessibility, WAVE (Web Accessibility Evaluation Tool) und Accessibility Insights und beleuchten ihre Stärken und Schwächen.

Google Lighthouse

Logo Google Lighthouse

Seit 2016 ist Google Lighthouse ist ein in Chrome integriertes Tool zur Webseitenanalyse und bietet neben Web Accessibility auch Auswertungen zu Performance, SEO (Search Engine Optimization) und anderen Best Practices an.

Besonderheiten:

  • Übersichtliche Darstellung von Accessibility-Problemen als Liste mit Screenshot des betroffenen Elementes
  • Exportfunktion für Berichte (in JSON oder HTML)
  • Existiert auch als node module und kann so in die CI-/CD-Pipeline eingebunden werden

Einschränkungen:

  • Kein Fokus- oder Tastaturverhalten simulierbar
  • Probleme werden nicht auf der Webseite gehighlighted
  • Kein Sprung in den DOM möglich
  • Keine konkreten Lösungsvorschläge

Firefox Accessibility

Logo Firefox

Auch Firefox bietet seit 2018 ein eigenes Accessibility-Tool direkt in den Developer Tools an. Firefox legt den Fokus auf eine visuelle und strukturierte Analyse direkt im DOM und ist damit besonders gut für Entwickler:innen geeignet.

Besonderheiten:

  • Strukturierte Aufbereitung der problematischen DOM-Elemente als Baum und Informationen zu betroffenen DOM-Elementen
  • Zugänglichkeitsbaum kann als JSON exportiert werden
  • Einschränkung auf einzelne Problemtypen möglich
  • Simulierung von Sehbinderungen wie rot/grün-Schwäche möglich

Einschränkungen:

  • Keine Exportfunktion für Berichte
  • Keine konkreten Lösungsvorschläge
  • Keine Integration in CI/CD-Pipelines

WAVE (Web Accessibility Evaluation Tool)

Logo WAVE (Web Accessibility Evaluation Tool)

WAVE ist ein bekanntes Browser-Tool zur Barrierefreiheitsprüfung von Webseiten und wird von WebAIM (Web Accessibility In Mind) entwickelt – einer Organisation mit langer Tradition in der digitalen Inklusion. WAVE ist seit 2001 online verfügbar, wird bis heute aktiv gepflegt und weiterentwickelt und steht als Browser Extension in allen gängigeren Browsern zur Verfügung.

Besonderheiten:

  • Visualisierung von Problemen direkt auf der Webseite über Farbcodes und Icons
  • Problembeschreibung und Lösungsansätze im Tool
  • DOM-Sprungfunktion
  • ARIA, Webseiten-Struktur und Navigationsreihenfolge als eigene Bereiche einsehbar

Einschränkungen:

  • Überladung durch viele Icons und Farben die das UI-Design brechen
  • Ein Seitenwechsel beendet die Extension automatisch
  • Lange Ladezeiten
  • Reporting erst ab der kostenpflichtigen Standalone Version

Accessibility Insights

Logo Accessibility Insights

Accessibility Insights wurde von Microsoft entwickelt und ist seit 2019 als Chrome- und Edge-Extension verfügbar. Aufgrund seines Aufbaus ist es ein wertvolles Tool nicht nur für Entwickler:innen, sondern auch für Tester:innen oder das Projektverantwortliche im Management.

Besonderheiten:

  • Unterschiedliche Detailgrade bei der Barrierefreiheits-Evaluierung
  • Ausführliche Schritt-für-Schritt-Tests mit visueller Rückmeldung auf der Webseite
  • Kompakte Problembeschreibung und Lösungsvorschläge direkt im Tool mit Referenz
  • Reporting und direktes Ticketing (in Azure DevOps sowie Github) möglich

Einschränkungen:

  • Fokus liegt bisher klar auf dem Microsoft-Kosmos (Ticketing und Einbindung in die Build-Pipeline)

Tools im Vergleich

Zum Abschluss noch ein kompakter Vergleich der 4 vorgestellten Accessibility-Tools:

Kriterium

Zuordnung zu WCAG-Standards

Visuelles Feedback auf Webseite

Fokusreihenfolge einsehbar

Sprung in DOM möglich

Reporting (Export)

Guided Manual Testing

Integration in CI/CD

Ticketing

Google Lighthouse

Firefox Accessibility

WAVE

Accessibility Insights

eingeschränkt

Fazit

Accessibility-Tools erkennen viele typische Fehler zuverlässig, und helfen dabei, Webseiten systematisch auf Barrierefreiheit zu prüfen. Sie stoßen jedoch an ihre Grenzen, wo es um Kontext, Nutzerverhalten oder komplexe Interaktionen geht. Daher ersetzt keins der vorgestellten Tools aktuell eine menschliche manuelle Prüfung der Barrierefreiheit der eigenen Webseite.

Aus den vorgestellten Tools empfehlen wir Accessibility Insights.  Es kombiniert die Stärken der anderen Tools mit nur wenig Schwächen. Dank seiner klar strukturierten, umfangreichen und angeleiteten manuellen Tests ist es ein hervorragender Begleiter für Barrierefreiheits-Beauftragte und Entwickler:innen und bietet auch Einsteiger:innen im Bereich Barrierefreiheit eine gute Anleitung, um alle WCAG-Standards zu erfüllen.

Ausblick

Es ist zu erwarten, dass sich die hier vorgestellten Tools künftig weiterentwickeln – sowohl in der automatischen Erkennung komplexer Barrieren als auch bei der Integration in bestehende Entwicklungsprozesse über CI-/CD-Pipelines oder Ticketing-Systeme wie Jira. Gleichzeitig werden Assistenzsysteme wie Screenreader und Sprachausgaben immer leistungsfähiger werden, nicht zuletzt durch den Einsatz von KI-Modellen, die bereits jetzt in Sprachverarbeitung große Fortschritte machen.

Portrait Astrid Angermann

Astrid Angermann

… ist seit 2019 als Fullstack-Entwicklerin in verschiedenen Projekten unterwegs und unterstützt die SHI seit 2024. Dabei durfte sie bereits vielfältige technische und fachliche Herausforderungen meistern – von komplexer Backend-Logik bis hin zu benutzerfreundlichen Web-UIs. Besonders am Herzen liegen ihr Software-Qualität und Clean Code.